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PERGAMENT

pergament_pergamenter

Im Hinblick auf unsere heutigen Umweltbedingungen ist das Pergament als der ideale Beschreib- und Bemalstoff anzusehen. Seine alkalische Reserve, die durch die Äscherung während der Produktion entsteht, beugt den Einflüssen von Säure und dem CO2-Gehalt der Luft wirksam vor.
Allerdings ist Pergament hygroskopisch (feuchtigkeitsempfindlich) und neigt deshalb zur Wellenbildung. Pergament sollte niemals flächig mit Wasser in Berührung kommen und keiner grossen Hitze ausgesetzt werden. Zu trockene Luft unter 40% Luftfeuchtigkeit bewirkt ein Verhornen des Pergamentes. Die ideale Feuchtigkeit liegt bei 60%. Dies spielt vor allem dann eine grosse Rolle, wenn ein im Schatten aufgezogenes Pergament der direkten Sonne ausgesetzt wird.
Pergament, aus tierischer Haut hergestellt, unterscheidet sich vom Papier durch seinen verleimten Faseraufbau, vom Leder durch seine Zubereitung ohne Gerbung.

Abb.15: “Der Permennter” (Pergamenter, Gerber)

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Die wichtigsten Arbeitsvorgänge bei der Herstellung von Pergament sind das Enthaaren der Felle, das Äschern in gelöschtem Kalk (Kalkmilch) zur Verseifung des Naturfettgehaltes, das Aufspannen und anschliessende Schaben der Haut.

Abb.16: Pergamentherstellung im 18. Jahrhundert nach Denis Diderot

Durch Einreiben des Pergamentes mit Bimsstein und Kreide entsteht eine samtige, glatte Oberfläche, was die Bearbeitung mit Kielfedern erleichtert. Wird die Oberfläche zusätzlich geglättet, sind auch äusserst feine Arbeiten mit der Stahlfeder möglich.

Pergament wurde schon in frühester Zeit in Asien zu Schreibzwecken verwendet. Aufgrund des Exportverbotes für Papyrus aus Ägypten, das dafür sozusagen das Monopol besass, befahl Eumenes II. im 2.Jahrhundert v. Chr. seinen Gelehrten am Hof zu Pergamon (heutige Türkei), Ersatzmöglichkeiten für den damals allerorts gebräuchlichen Papyrus zu schaffen. Das Pergament wurde zuerst wie der Papyrus in Rollenform verwendet und ab dem 4.Jh.n.Chr. geheftet und in Buchform zwischen Buchenholzdeckel gebunden – dies ist die Form des Codex.
In der Codexherstellung wurde Pergament vom 13.Jh. an weitgehend durch das Papier verdrängt und fand in späteren Jahrhunderten nur noch Verwendung für Urkunden und wichtige Dokumente. Auch werden noch heute Trommeln mit Pergament bespannt und Prothesen damit überzogen. Heute beschäftigen sich wieder vielerorts Gerber, Studenten und interessierte Laien mit der Herstellung von beschreibbarem Pergament. Die Preise schwanken je nach Herstellungsort und Produzent beachtlich. Im Handel angeboten wird Pergament in Quadratfuss (30×30cm) oder in Quadratdezimetern. Erhältlich sind Ziegen-, Schafs- und Kalbspergamente in unterschiedlichen Qualitäten und Oberflächenbehandlungen.

ZIEGENPERGAMENT

Dieses Pergament eignet sich von seiner Grösse und schönen Oberflächenstruktur her ausgezeichnet zur Herstellung von Urkunden, Stammbäumen, Haussprüchen usw. Es ist ohne spezielle Behandlung nur auf der Hautseite (Rekto) beschreibbar. Ziegenpergament besitzt mit Ausnahme der Rückenwirbelpartie eine glatte Oberfläche und weist meist ein lebhaftes Erscheinungsbild mit unterschiedlichen Farbnuancen zwischen Elfenbeinweiss und Ocker auf.

SCHAFSPERGAMENT

Diese Art Pergament ist zum Beschreiben nicht besonders geeignet, da es bei der Arbeit mit Tinte auf der Fleischseite (Verso) und bei verletzter Oberseite (Rekto) gerne zum Ausfliessen kommt. Dieses Pergament eignet sich vorzüglich zum Einbinden von Büchern und sollte nur mit Tuschen beschrieben werden. Im Handel ist es meist mit weiss gebleichter Oberfläche erhältlich, ansonsten neigt sein Farbton leicht ins Gelbliche.

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KALBSPERGAMENT
Dieses wohl am häufigsten verwendete Pergament erlaubt eine ausgezeichnete Oberflächenbehandlung. Es ist sowohl auf der Verso- wie Rektoseite beschreibbar. Für die Buchherstellung werden fein geschabte Pergamente oder solche von Jungtieren verwendet. Kalbspergamente sind gefleckt oder gleichmässig weiss erhältlich. Die Konsistenz der Haut ist von allen Pergamenten die dichteste, weshalb sie sich durch eine besonders hohe Widerstandsfähigkeit auszeichnet.

Abb.17: Pergamenturkunde von 1417. Eisengallustinte auf Kalbspergament.

HÄUTE VERENDETER TIERE
Im Gegensatz zu den gleichmässigen Häuten normal geschlachteter Tiere sind auf der Oberfläche der Häute von Tieren, die nach dem Verenden nicht unmittelbar ausgeblutet haben, mehr oder minder stark die Strukturen der kleineren und grösseren Blutgefässe (Adern) sichtbar. Dies kann im Zusammenspiel mit dem geschriebenen Text zu einem interessanten Erscheinungsbild führen. Die Färbung kann von Elfenbeinweiss bis Olivgrün reichen. Doch sind diese Pergamente wie die im Folgenden beschriebenen schwer zu bekommen und müssen allenfalls speziell bestellt werden, da solche Tiere im normalen Schlachtbetrieb nicht anfallen.

JUNGFERNPERGAMENTE

Die Häute von ungeborenen Jungtieren geben ein besonders zartes, aber auch weniger stabiles Pergament ab. Diese Pergamente, vor allem von Kälbern, sind bestechend schön, doch da sie nur selten bei Notschlachtungen anfallen und in erster Linie zu feinsten Handschuhen verarbeitet werden, sind sie sehr selten und im Preis entsprechend hoch. Zur Oster­zeit jedoch fallen allerorts Häute von sehr kleinen Osterlämmern und Zicklein an und sind bei entsprechender Voranmeldung leicht erhältlich. Durch einfaches Salzen der frischen Häute können diese bis zur Pergamentverarbeitung haltbar gemacht werden.

ANDERE PERGAMENTE

Es lassen sich praktisch aus allen Tierhäuten Pergamente herstellen. Schweinehäute sind sehr dick und schwer bearbeitbar. Auch von Gazellen, allerlei Arten von Wild und von anderen Haustieren lassen sich Pergamente herstellen.

PERGAMENTZUBEREITUNG

Um das Pergament beschreibbar zu machen, behandelt man es, um eine glatte Oberfläche zu erhalten, mit Baumwolle, um eine rauhe zu erhalten, mit Bimsstein.

GLÄTTEN DES PERGAMENTES

Reine Baumwolle, die man zuweilen als Trockenstaude zu Dekorationszwecken in Blumengeschäften bekommt, eignet sich zu diesem Zweck vorzüglich. Mit einer Handvoll der watteartigen Samenbüschel wird die Pergamentoberfläche solange abgerieben, bis die Baumwolle nicht mehr darauf haften bleibt. Hängengebliebene Fasern und Staub wischt man mit einem scharfen Bürstchen aus Schweinsborsten weg, wie es in Architekturbüros zum Reinigen der Pläne verwendet wird.

AUFRAUHEN DES PERGAMENTES

Mit weissem Bimsstein, den man in jeder Drogerie zur Entfernung von Hornhaut bekommt, werden die Pergamentseiten rauh gerieben. Bimssteinpulver, welches früher zum Zähneputzen verwendet wurde, eignet sich ebensogut. Dabei wird etwas Pulver auf das Pergament gestreut und dann mit Hilfe eines glatten, handlichen Flusssteines das Bimssteinpulver so lange auf dem ganzen Pergament verrieben, bis die Oberfläche gleichmässig samtweich ist. Beide Arbeitsvorgänge stauben ein wenig, deshalb ist es von Vorteil, sie an einem leicht zu reinigenden Ort vorzunehmen. Der verbleibende Staub wird mit einer einfachen Rute (Haselrute) vom Pergament geklopft. Auf einem in dieser Weise zubereiteten Pergament lässt sich gut mit dem Gänsekiel schreiben, nicht aber mit der Stahlfeder.

AUSFLIESSEN DER TINTE AUF DEM PERGAMENT

Wenn die Tinte auf dem Pergament ausfliesst, hilft eine Behandlung mit Eierschalen. Dazu werden Eierschalen gut gewaschen und getrocknet und anschliessend in einem Mörser zerstossen oder zerrieben, bis sie so fein wie Mehl sind. Mit einem wollenen Lappen wird damit das Pergament bestrichen und so beschreibbar gemacht.

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